Wohl selten hat es ein kommunales „Parlament“ gegeben, das notwendige Entscheidungen so häufig vertagt, verweist und aus(schuss)sitzt, wie die Gemeindevertretung in Selters.
Inzwischen ist es fast eine leidige Tradition geworden, dass Tagesordnungspunkte zu Beginn der Sitzung wieder von der Tagesordnung genommen werden. Bei der letzten Sitzung am 11.5.2022 waren dies gleich drei. Als Begründung dient regelmäßig die Aussage, man habe noch nicht genügend Informationen.
Die Frage muss erlaubt sein, warum der Ältestenrat die entsprechenden Punkte dann überhaupt auf die Tagesordnung gesetzt hat. Der Ältestenrat bildet die Stimmenverhältnisse in der Gemeindevertretung ab.
Der Gemeindevorstand erarbeitet in zahlreichen Sitzungen Beschlussvorschläge, die immer öfter von den Mitgliedern der GVE ebenso ignoriert werden, wie gleichlautende Beschlüsse in anderen Kommunen, die dort ohne größere Diskussionen verabschiedet werden.
Niederselters blockiert Dienstleistungszentrum der Feuerwehren
Einer der drei kurzfristig abgesetzten Beschlussvorschläge betrifft das geplante gemeinsame Dienstleistungszentrum der Feuerwehr von fünf Kommunen, das die Feuerwehrleute in ihrem Ehrenamt entlasten und für mehr Rechtsicherheit sorgen soll. Die Gemeindevertretungen der anderen vier beteiligten Kommunen haben den Bau des Zentrums längst beschlossen – nur Selters nicht. Obwohl von den Feuerwehren aller Selterser Ortsteile begrüßt und mitinitiiert, sabotiert die Niederselterser Feuerwehr mit einem seitenlangen Pamphlet den Start. Während alle anderen Ortsteile mit Vertretern ihrer Feuerwehren als Gäste zu der Sitzung kamen, glänzten ausgerechnet die Niederselterser Verfasser des Schreibens durch Abwesenheit.
Und wer hätte das gedacht, sind sich CDU und SU sogar einig und stimmen gemeinsam mit – natürlich – der FWS für die Absetzung von der Tagesordnung. Die FWS ist immer gerne dabei (oder sollte man sagen „dagegen“?), denn für sie sind immer alle Fragen offen. Zu ihrer Kernkompetenz gehört das Fragenstellen, was grundsätzlich vollkommen in Ordnung ist. Außer, die Antworten finden sich bereits längst in den vorliegenden Unterlagen oder lassen sich leicht recherchieren. Es muss nur gelesen werden.
Gemeinde Selters geht leer aus
Quasi im Gegenzug stimmt die SU gemeinsam mit der CDU und – richtig – der FWS für die Absetzung der beiden Beschlussvorschläge zur Windkraft (siehe auch diesen Artikel). Die Begründung, es gäbe neue Zahlen, die in den Ortsbeiräten besprochen werden müssten, sind – das ist offensichtlich – lediglich vorgeschoben.
Nun wird die Entscheidung, ob die Gemeinde einen Nutzungsvertrag mit den jeweiligen Betreibern Dunair und RES abschließt, also erneut vertagt. RES hat bereits mitgeteilt, dass sie mit dem Einreichen der Antragsunterlagen nicht noch länger warten könne und hat bereits eines von zwei betreffenden Windrädern – WEA 6 – in der Planung um 12 Meter versetzt. Falls die Gemeindevertretung nicht bis 23.5. eine Entscheidung trifft, sieht sich RES gezwungen, auch den Standort der WEA 9 zu versetzen. Damit benötigt sie von der Gemeinde Selters keine Zustimmung mehr, die Windräder können gebaut werden und der Gemeinde entgehen voraussichtlich rund 380.000 Euro an Einnahmen. Eine mögliche Bürgerbeteiligung (“Bürgerstrom“) dürfte sich damit auch erledigt haben. Und zu allem Übel muss jetzt mehr Wald gerodet werden als im ursprünglichen Plan vorgesehen war.
3 Millionen Euro Verlust für die Gemeinde?
Würde ähnliches auch in Münster passieren, beträgt der Verlust für die Gemeinde voraussichtlich insgesamt über 3 Mio. Euro.
Und die Moral von der Geschicht‘? Am Ende wird dies die CDU der Bevölkerung als „Erfolg“ verkaufen.