Dieser schwarze Block ist 2.500 Euro wert. Ja, richtig gelesen. Dieser schwarze Block ist 2.500 Euro wert! Hätten wir an dieser Stelle einen Cartoon des Künstlers Ulrich Steinfurth – besser bekannt unter seinem Künstlernamen Uli Stein – veröffentlicht, hätte uns das eine Abmahnung einbringen und 2.500 Euro oder mehr kosten können.

Der Stein des Anstoßes. Was war geschen?

Ein kleiner Verein aus unserer Gemeinde wollte Kinder- und Jugendliche für seine Sportart begeistern und entwarf mit einem simplen Textprogramm einen kleinen, 2-seitigen Flyer. Um das Ganze etwas aufzulockern und zu illustrieren, fügte man einen lustigen Cartoon eines bekannten deutschen Künstlers, eben jenes Uli Steins, ein. Zu sehen ist darin, wie zwei Pinguine Tischtennis spielen und einer der beiden “Entschuldigung” ausruft. Und da man eine Homepage hat, wurde der kleine Flyer als PDF auch auf der Website platziert.

Es verging eine längere Zeit. Das PDF war inzwischen gar nicht mehr auf der Seite verlinkt und damit nicht mehr sichtbar, jedoch physisch noch im Internet vorhanden und abrufbar – wenn man die exakte Adresse kannte (die Anzahl der Personen dürfte mit “Null” angemessen geschätzt sein) oder sich mit Google auf die inversive Bildersuche machte. Hierbei wird nach den Bildern quasi rückwärts gesucht. Man lädt ein Bild hoch und Google zeigt an, wo dieses oder ähnliche Bilder außerdem noch im World Wide Web zu finden sind. Im Verein hatte man diesen kleine Flyer bereits längst vergessen. Ein großer Fehler.

Schluss mit lustig

Denn nun meldete sich eine Anwaltskanzlei aus Niedersachsen im Auftrag des Künstlers und forderte Schadensersatz in Höhe von 2.500 Euro! Darüberhinaus eine Unterlassungserklärung und bei Zuwiderhandlung 5.001(sic) Euro. Der Streitwert betrug sage und schreibe 30.000 Euro. Und alles zu Recht – jedenfalls nach dem geltenden Recht.

Uli Stein hat 180.000.000 Postkarten und 11.000.000 Bücher mit seinen Cartoons verkauft und damit – vollkommen zu Recht – entsprechendes Geld verdient. Seine Cartoons waren früher bei Kindern und Jugendlichen sehr populär. 

Was treibt ihn an, kleine Vereine, die eines seiner Bildchen in einem kleinen selbstgebastelten Flyer verwendet haben, Abmahnungen mit Forderungen in solcher Höhe zu verschicken? Für ein PDF, das auf der Website des Vereins vielleicht gerade zwei Dutzend mal aufgerufen wurde. Und warum darf er das nach geltendem Recht und Summen fordern, die völlig unverhältnismäßig sind. Klar, das Bild hätte nicht verwendet werden dürfen. Aber muss man einem Verein dermaßen schaden? Hätte nicht ein entsprechender Rüffel gereicht? Es geht hier schließlich nicht um ein Unternehmen, das sich zur Umsatzsteigerung eines seiner Werke bedient hat. Dies sollte bei den Strafen berücksichtigt werden, und damit ist die Politik angesprochen. Allerdings sind 20% der Abgeordneten des Bundestages Juristen, obwohl deren Anteil in der Bevölkerung nur 1,1% beträgt. Und die verdienen an Abmahnungen fleißig mit. Doch eine Krähe hackt der anderen bekanntlich kein Auge aus…

Okay, das Bild war im Internet weltweit für jeden sichtbar – theoretisch. Praktisch aber kaum über die Dorfgrenze hinaus. Hier stimmt einfach die Relation der Strafe nicht. Ein finanzieller Schaden ist dem Urheber jedenfalls nicht entstanden. Er hat keinen einzigen Cent durch die Verwendung in dem Vereinsflyer verloren. Denn selbstverständlich hätte der Verein niemals ein Bild für diesen kleinen Online-Flyer gekauft bzw. kaufen können. Nichtmal für einen Bruchteil der Summe, weil es das einfach nicht Wert ist und er es sich nicht leisten kann! Wahrscheinlich hätte man einfach ganz auf eine Abbildung verzichtet.

Das Bild ist übrigens auch jetzt noch (Anfang Februar 2019) tausendfach auf diversen Webseiten öffentlich zugänglich. Ob zu Recht oder Unrecht mag dahin gestellt sein.

Wieviele solcher Abmahnungen er jedes Jahr verschicken lässt, ist nicht bekannt. Aber Gier kennt leider keine Grenzen. Auch wenn sich seine Bilder heute nicht mehr so gut verkaufen  lassen sollten wie früher, so sprudeln die Einnahmen dank des Abmahnwesens und sorgen für ein erkleckliches Einkommen. Und so wird der inzwischen 72jährige Herr Stein um Tausende von Euro reicher und die Vereine um die entsprechenden Summen ärmer sein. Und der Frust bei den Ehrenamtlichen, die sich Woche für Woche ohne Vergütung für das Allgemeinwohl engagieren, wird größer. Mag das Recht vielleicht auf seiner Seite sein, die Moral ist es ganz sicher nicht.

Übrigens: die Deutsche Post hatte 2013 eine Briefmarkenserie mit Motiven von Uli Stein herausgebracht. Der Name dieser Serie lautete: „Für die Vereine“.

Frank Noll

P.S.: Letztlich einigten sich Verein und Anwalt außergerichtlich auf die Zahlung von 1.000 Euro. Diese wurde von der Versicherung des Vereins übernommen. Aber letztlich fällt das über die Beitragsgebühren für die Versicherungspolicen indirekt wieder an die Vereine zurück.

Wer sich das Motiv ansehen möchte, das wir hier lieber nicht zeigen, kann das über die Google-Suche tun. Einfach bei der Bildersuche die Begriffe “Uli Stein Tischtennis” eingeben.