In den letzten Ausgaben der Presse konnte man eine spannende Debatte über das Für und Wider von Atomstrom verfolgen. Am 05.01. veröffentlichte die NNP Leserbriefe über „Links-grüne Geisterfahrer“ von Herrn Zottmann (die Überschrift gab mir zu denken: gibt es eigentlich Rechts-grüne Mittelspurschleicher?) und die Gegenschriften von den Herren Steinbrech und Fröhlich, letztere mit der sehr pointierten Überschrift „Endlager im Garten?“. Das bringt es ziemlich auf den Punkt, wer von den Befürwortern von Kernkraft möchte ein Endlager in seiner unmittelbaren Umgebung? Freiwillige vor! Die meisten werden ja schon hysterisch, wenn eine Windkraftanlage in der näheren Umgebung geplant wird. Bei der ganzen Debatte werden m. E. allerdings vier Aspekte nicht berücksichtigt, die ich gerne in die Diskussion einfließen lassen will.

  1. Generationengerechtigkeit: Wenn wir uns heute für Atomkraft zur Sicherung unserer Energieversorgung entscheiden, dann bürden wir den folgenden Generationen die Last der Entsorgung und Lagerung des anfallenden „Mülls“ auf. Die Bedürfnisse der Stromversorgung von zwei oder drei Generationen müssen (theoretisch) die nächsten eintausend oder mehr Generationen ausbaden. Zur Erinnerung: Obwohl seit Jahrzehnten verschiedene Verfahren zur Endlagerung getestet werden, ist die Entsorgung hochradioaktiver Abfälle immer noch ungelöst. Die Halbwertzeit von Plutonium-239 beträgt 24.000 Jahre. Ist das gerecht? Wollen wir das unseren Urenkeln hinterlassen?
  2. Sicherheit (1): Deutsche Atomkraftwerke werden gerne von den Befürwortern der Kernenergie als „besonders sicher“ hervorgehoben. Sie wären sogar gegen Flugzeugabstürze gesichert. Stimmt, aber das bezieht sich auf Kleinflugzeuge. Wenn irgendein Irrer (meistens handelt es sich bei den besonders Irren ja leider um Männer, deswegen „gendere“ ich hier nicht) aber der Meinung ist, er müsse eine Passagiermaschine in eine Atomanlage steuern, dann ist „Schicht im Schacht“. Schwarzmalerei? Nun gut, bis vor etwa 20 Jahren glaubte auch niemand ernsthaft, dass Bekloppte entführte Flugzeuge in Hochhäuser steuern…
  3. Sicherheit (2) – Versorgungssicherheit: Die Argumente gegen Solar- und Windenergie folgen häufig dem Schema „Was ist, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht? Dann sind wir zurück in der Steinzeit.“ Dieses Argument gilt genauso für AKW. Die werden i.d.R. mit Flusswasser gekühlt, deswegen stehen viele davon am Rheingraben, übrigens einer seismologisch aktiven Region. Durch die immer heißeren Sommer der letzten Jahre kam es vermehrt zu Abschaltungen und Drosselungen, weil das Fluss(Kühl-)wasser zu warm war und ein sicherer Weiterbetrieb unter Höchstleistung nicht gewährleistet werden konnte. Gerade im Sommer laufen aber die Klimaanlagen in Privaträumen, Büros, Lagerhallen und bei der Bahn auf Hochbetrieb. Der Energieverbrauch ist im Sommer also nicht geringer, aber die AKW können gerade dann nicht ihre volle Leistung bringen – im Gegensatz zu Photovoltaikanlagen.
  4. Zukunftsperspektiven: Im Sinne einer innovativen Entwicklung halte ich es für unabdingbar, dass regenerative Energien weiterentwickelt werden und der Wirkungsgrad der Anlagen verbessert wird. Speichermöglichkeiten müssen verbessert und bezahlbar werden. WKA sollten weniger auffallend sein, die Rotoren kleiner oder in die Säulen integriert werden. Gezeitenkraftwerke könnten Energie produzieren, ohne die Küste zu verschandeln oder der Flora und Fauna zu schaden. Ich bin zuversichtlich, dass kreative Menschen das hinbekommen, wenn sie die entsprechenden finanziellen Mittel dazu erhalten, der Bund, die Länder, die EU fördern, was es zu fördern gibt und wir alle ein bisschen umdenken, was den persönlichen Energieverbrauch angeht. Wir sollten nicht das tote Pferd „Atomenergie“ reiten, das bringt uns nicht weiter. Wir haben bessere ökonomische Aussichten, wenn wir unsere kommenden Generationen auf eine zukunftsträchtige und nachhaltige Energiegewinnung vorbereiten. Auch im Sinne ihrer beruflichen Zukunft. Und ihrer Gesundheit.