Ein Rückblick auf die Zeit als Chef der Verwaltung

Bürgermeister Bernd Hartmann geht am 31. Juli in Ruhestand.
Wir stellten ihm zum Abschied ein paar Fragen.


UWE: Bernd, nach zwei Legislaturperioden trittst Du nun nicht mehr als Kandidat für den Bürgermeisterposten der Gemeinde Selters an. Was hat Dich zu diesem Schritt bewogen?

Bernd Hartmann: Ich denke, nach 43 Jahren im öffentlichen Dienst, davon 38 Jahre bei der Gemeinde Selters (Taunus) und davon wiederum 12 Jahre als Bürgermeister, ist es nun an der Zeit, die Geschicke unserer Gemeinde in jüngere Hände zu legen. Darüber hinaus freue ich mich, dass ich zukünftig mehr Zeit für meine Familie und meine Hobbys haben werde.

Was würdest Du als besonderen Erfolg bezeichnen, was ist Dein Markenzeichen, was sind die Meilensteine Deiner Amtszeit?

Ich will an dieser Stelle gar keine einzelnen Erfolge oder Maßnahmen nennen. Vielmehr möchte ich die hervorragende Zusammenarbeit meines Rathausteams und das stets angenehme und respektvolle Miteinander in der Verwaltung hervorheben. Auch die gute Zusammenarbeit mit den Gemeindegremien (die mit zu sechs Fraktionen immer schwieriger wird) sei hier genannt, die die Umsetzung einzelner Maßnahmen und Vorhaben zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger erst ermöglicht haben.

Und was hättest Du gerne erreicht, konntest es aber nicht umsetzen?

Rückblickend gibt es sicher immer noch Verbesserungsbedarf, was den Zusammenhalt und die gemeinschaftliche Sichtweise der einzelnen Ortsteile hin zu einer gemeinsamen Gemeinde angeht. Nach wie vor, so ist zumindest mein Eindruck, gibt es teilweise isolierte, ortsteilbezogene Denkweisen, was zu Lasten eins gemeinsamen Miteinanders auf Gemeindeebene geht.

Was fiel Dir während Deiner Amtszeit besonders schwer? Wofür hättest Du Dich lieber gedrückt?

Vereinzelt fallen in einer Gemeinde bedauerlicherweise Entscheidungen, die rein politisch motiviert sind und bei denen nicht unbedingt das Wohl der Gemeinde im Mittelpunkt der Überlegungen steht. Mit solchen Entscheidungen kann und werde ich mich nur sehr schwer abfinden.

Hast oder hattest Du Vorbilder (im Amt des Bürgermeisters – aber auch andere)?

Nein, ich habe keine bestimmten zu benennenden Vorbilder. Ich denke, dass jede neue Bürgermeisterin oder jeder neue Bürgermeister seinen eigenen individuellen Weg finden muss, wie er die Geschicke der Gemeinde lenkt. Dazu gehört die Art und Weise der Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie mit den Gremien zur Planung und Durchsetzung von Maßnahmen im Sinne und zum Wohle der Gemeinde.

Hand aufs Herz, manche Dinge im Job erledigt man richtig gerne und findet sie klasse, manche sind lästige Pflicht und auf einige Sachen kann man gut und gerne verzichten. Was fällt für Dich in diese drei Kategorien?

Fand ich gut
Sehr positiv empfinde ich das ehrenamtliche Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger unserer Gemeinde, die sich auf unterschiedliche Weise unentgeltlich einsetzen. Darüber hinaus ist die interkommunale Zusammenarbeit (IKZ) mit der Bürgermeisterin und den Bürgermeistern der Nachbargemeinden ein hervorragendes Instrument, sich auszutauschen und auch gemeinsame Projekte durchzuführen.

Lästige Pflicht
Die ständig zunehmende Bürokratie, wie z. B. das komplexe und komplizierte Antragswesen erschweren zusehends die Aufgaben einer Gemeindeverwaltung. Hinzu kommt das immer enger werdende rechtliche Korsett, das es einzuhalten gilt. Auch die große Abhängigkeit eines Bürgermeisters von den Gemeindegremien bereits bei den kleinsten Entscheidungen mit geringem Ausmaß verkomplizieren und verzögern so manches Vorhaben. Ich würde mir an dieser Stelle ein wenig mehr Entscheidungsfreiheit für das Amt des Bürgermeisters wünschen (Hinweis auf Süddeutsche Ratsverfassung).

Verzichtbar
Wie bereits schon vorher erwähnt stellt die Fülle neuer rechtlicher Vorgaben (Verordnungen, Erlasse) auch seitens der EU eine große Herausforderung für die Verwaltung dar, die große personelle Ressourcen bindet, die dann für andere Aufgaben nicht mehr zur Verfügung stehen. Daneben könnten sicherlich manche bürokratischen Wege vereinfacht und abgekürzt werden, indem man den Handlungsspielraum einer Bürgermeisterin bzw. eines Bürgermeisters angemessen erhöht.

Wie hat Deine Familie Deine Amtszeit erlebt? Waren die Termine abends belastend? Hat die Freizeit gelitten? Waren sie froh, dass der Papa unterwegs war? Sind sie stolz auf Dich? Habt ihr viel über die Gemeindepolitik gesprochen?

Natürlich gehen die umfangreichen Termine, in denen man die Gemeinde repräsentiert auch ein Stück weit zu Lasten des Familienlebens. Ich habe jedoch stets darauf geachtet, so oft wie möglich für meine Frau und meine Kinder da zu sein (wie. z.B. das tägliche gemeinsame Mittagessen zu Hause).

Da mir das Amt des Bürgermeisters immer Freude bereitet hat, habe ich die abendlichen Verpflichtungen nie als belastend empfunden, und ich habe immer versucht, diese mit meiner Familie und meinen Hobbys in Einklang zu bringen.

Corona bedingt hat sich die Anzahl der Termine ohnehin stark reduziert. Ich bin dankbar und stolz auf meine Familie, die mich bei der Ausübung dieses Amtes unterstützt haben, und ich darf sagen, dass meine Familie auch stolz auf mich ist.

Welche Weisheit/Erkenntnis möchtest Du Deinem Nachfolger im Amt mitgeben?

Ich möchte meinem Nachfolger mit auf den Weg geben, dass die Verwaltung einer Gemeinde nur zusammen im Team funktioniert. Sei es zusammen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rathaus oder mit den Gremien aber vor allem mit den Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde. Deren Wohl sollte immer die Grundlage für Entscheidungen und Vorhaben sein. In diesem Sinne wünsche ich meinem Nachfolger eine glückliche Hand.