Die Beratungen zum Haushalt 2025 zeigen erneut sehr deutlich, was ich schon im Bürgermeisterwahlkampf 2016 versucht habe, der Bevölkerung näherzubringen: Wir haben ein strukturelles Problem.
Wir sind über 8.000 Einwohner, von denen über 1.000 Eisenbacher keinerlei Dienstleistungen der Gemeinde in Anspruch nehmen, eigentlich nur Einnahmen bringen und wenig Ausgaben verursachen – und trotzdem sind wir nicht nur im Kreis enorm schlecht aufgestellt. Wir haben fast kein Gewerbe und damit wenig Gewerbesteuereinnahmen. Wir erheben mit der Grundsteuer einfach viel zu wenig Geld von unseren Bürgern für das, was wir uns alles leisten. Nicht falsch verstehen – ich finde es sensationell und weiterhin wünschenswert, dass wir ein Schwimmbad haben, dass wir eine Turnhalle besitzen und vieles mehr … aber das kostet, und diese Kosten müssen wir umlegen.
Steuern und Abgaben werden auf Bundes- und Landesebene jährlich angehoben und angepasst – bei den Gemeinden kommt davon jedoch nicht viel an. Dabei ist der Anteil an der Einkommensteuer, den wir als Gemeinde erhalten, die wichtigste und größte Einnahmequelle.
Aber: Wir tun nichts für unsere Großgemeinde. Wir tun alles für die alten Ortsteile – wir wachsen dadurch nicht zusammen und verpassen viele Chancen. Einige Beispiele: Wir sind vier Ortsteile und haben sechs Kindergärten. Wir haben vier Begegnungsstätten. Wir besitzen ein nahezu ungenutztes Kongresszentrum mit dem Brunnen. Wir investieren immer wieder Geld in alte Gebäude, statt über Verkäufe und Neubauten nachzudenken. Wir betreiben eine eigene Sporthalle und belasten unsere Vereine mit enormen Kosten, die andere Vereine im Kreis nicht haben, weil es dort kreiseigene Hallen gibt, die kostenlos genutzt werden können. Wir unterstützen die Vereine in den Ortsteilen mit eigenen Hallen sehr unterschiedlich – und trotzdem haben wir nichts Gemeinsames.
Wir weisen so gut wie keine Neubaugebiete aus. Junge Familien warten jahrelang auf Bauplätze oder ziehen weg. Wir schaffen es nicht, ein Gewerbegebiet auf die Beine zu stellen. Wir verweigern uns erneuerbaren Energien und verschenken dadurch seit vielen Jahren enorme Summen. Alle Dächer von gemeindeeigenen Gebäuden hätte man vor zehn Jahren mit Photovoltaikanlagen ausstatten müssen – das hätte beträchtliche Einnahmen gebracht. Wir haben unsere Infrastruktur teilweise verkommen lassen. Stichwort Wasserversorgung: Riecht mal am Trinkwasser in Haintchen – da wird einem schlecht.
Das haben wir seinerzeit an die Syna fremdvergeben – warum ist das immer noch so? Und warum lassen wir uns solche Zustände gefallen? Wer nimmt den Dienstleister in die Verantwortung?
Wir jammern im Chor über die schlechte Versorgung in Münster und Haintchen – aber ist sie wirklich so schlecht? Oder wie können wir sie verbessern? Was wollen die betroffenen Menschen? Wollen sie wirklich einen teuren Dorfladen oder nicht eher einfach mal zum Einkaufen gefahren oder mitgenommen werden?
Was machen wir mit unserer Schule? Sie ist ein großer Pluspunkt für Menschen, die nach Selters ziehen wollen. Aber warum sollte man das als junge Familie überhaupt wollen? Es gibt hier ja nichts – nicht einmal Bauplätze.
Die Gemeindevertreter diskutieren diese Themen seit Jahren. Sie sind von ihrem Ortsteil und ihren Vorgaben eingeschränkt. Aus meiner Sicht fehlt oft der Mut und die Konsequenz, auch mal etwas Unangenehmes zu entscheiden, das späteren Generationen zugutekommen könnte. Einzelne Fraktionen bombardieren alle mit Anträgen, mit Nachfragen zum Geschäftsgang und mit Themen, die uns kurzfristig sicherlich nicht helfen werden. Private Initiativen sind es, die unsere Gemeinschaft in vielen Bereichen „noch“ am Leben halten und verhindern, dass unsere Entwicklung komplett im Stillstand versinkt.
Aus meiner Sicht ist es für Selters nicht kurz vor zwölf, sondern bereits kurz nach 15 Uhr – und wir stehen mit einem oder zwei Schritten vor dem Abgrund: kein Geld, viele Aufgaben, keine Vision, keine Strategie und die falschen Strukturen.
Es braucht Mut zur Veränderung und Konsequenz in der Gemeinde Selters. Und am Ende mündet alles in eine zukunftsorientierte Managementfunktion, die wir dringend wieder benötigen.