Martin Rumpf

Es wird immer schwerer die Sitzungen der Gemeindevertretung mit Humor zu nehmen und sich einzureden, es würde die Zukunft der Gemeinde gestaltet werden. Jede Sitzung schlägt aktuell die letzte und wenn man denkt es könnte nicht schlimmer kommen, kommt es schlimmer.

Die Gemeinde Selters steht nach meiner Einschätzung mit dem Rücken an der Wand – finanziell gesehen. Wir sind komplett abhängig von den Leistungen aus der Einkommensteuer und haben kaum eigene Einnahmen. Grundsteuer, Gewerbesteuer, das alles ist mehr als gering und die Haushalte für Wasser, Abwasser, Kindergärten etc. sind alle stark auf Kante genäht und laufen tendenziell ins Minus. Neue Einnahmequellen? Fehlanzeige. Wer mal mit offenen Augen durch Camberg, Brechen oder auch Hünfelden wandert, wird sehen, welche Gewerbegebiete es dort gibt oder welche gerade entstehen. Das sind alles potenzielle Steuerzahler, die auch unserer Gemeinde Handlungsspielraum bringen könnten. In Selters? Fehlanzeige! Selbst das nach Jahren beschlossene Gewerbegebiet ist und bleibt bisher eine Pferdewiese. An der Autobahn entsteht ein Solarpark nach dem anderen – bei uns in Selters? Selbst auf dem Gelände zwischen ICE-Strecke und Autobahn passiert nix – gar nix!

Mit welchen Themen beschäftigt sich derweil die Gemeindevertretung? Mit Anträgen zu Grünflächenmanagement, mit Biotopverbünden, mit der Frage „wie kann man den nächsten Sonnenenergiepark verhindern?“ oder sollte ein sehr gut befestigter Fußweg noch besser befestigt und damit versiegelt werden?

Der Bürgermeister berichtet von katastrophalen Zuständen bei der Wasserversorgung und liest vom Blatt eine der weitreichendsten Reformen ab, die im nächsten Jahr auf alle Hausbesitzer zukommt – die Grundsteuerreform, die sowieso keiner versteht. Sie wird hier nochmal mystifiziert. Gleichzeitig diskutiert die Gemeindevertretung ob im Stellenplan die Stelle des Bauamtsleiters, den es aktuell gar nicht gibt, von 12 auf 11 herabgestuft werden sollte, während gerade der nächste Mitarbeiter im Bauamt gekündigt hat. Zu leiten ist da aktuell leider sehr wenig – zumindest an Mitarbeitern. Geleitet werden müsste aber eigentlich sehr viel – siehe Gewerbegebiet.

Ich bin ehrlich – ich bin müde – sehr müde und das schon in meiner allerersten Legislaturperiode als „Parlamentarier“ – so bezeichnen sich viele Gemeindevertreter leider immer noch selbst – sie denken sie wären ein Parlament – sind wir nicht – wir sind Gemeindevertreter. Das sollte man sich endlich mal wieder bewusst machen und dann sollte man nach Lösungen suchen. Das sind in der Demokratie meistens Kompromisse. Kleine Erinnerung: UWE hat zwei davon in der letzten Sitzung eingebracht, während andere Fraktionen erklären, wenn es so und so läuft, sind wir dafür, ansonsten sind wir dagegen – Leute, diese Zeiten sind vorbei. In Selters muss man sich inzwischen Mehrheiten suchen, wenn man was durchsetzen möchte.

Möchte jemand was durchsetzen? Ich warte mit großer Spannung auf die Sitzung nach der Sommerpause und hoffe, alle haben im Sommer richtig gute Ideen, die unsere Gemeinde nach vorne bringen und aus dem Sog der Schulden herausführen. Es gibt ein Selters bei Löhnberg – eins reicht meiner Meinung nach.