CDU ignoriert Meinung der Selterser Bürger

...und stimmt als einzige Fraktion gegen die angestrebte Bürgerbefragung

Kommentar von Jürgen Hundler

Jürgen Hundler

Mit den Worten Unverständnis und Verzweiflung, aber auch mit einer gewissen Wut im Bauch, so möchte ich meinen Gemütszustand beschreiben, als ich nach der letzten Gemeindevertretersitzung das Brunnengebäude in Niederselters verließ.

Was war geschehen?
Seit mehreren Jahren wird innerhalb der gemeindlichen Gremien vehement und kontrovers darüber diskutiert, ob in unserer Gemeinde ein Ruhewald etabliert werden soll, wofür sich die FWS und wir von UWE in einem gemeinsamen Antrag noch einmal stark gemacht hatten. Für die CDU aber stand von Anfang an fest, dass man dies nicht wollte – und das bereits zu einem Zeitpunkt, als noch gar kein Standort festgelegt war. Deshalb versuchte sie mit allen Mitteln, ein solches Vorhaben zu verhindern. So gab es in der Vergangenheit mehr als 60 Sitzungen zu diesem Thema und zuletzt noch mehrere Zeitungsartikel und einen Flyer mit teilweise fadenscheinigen und an den Haaren herbeigezogenen Argumenten, die dem Bürger klarmachen sollten, dass es unsinnig sei, ein solches Vorhaben zu realisieren. Ich will an dieser Stelle nicht auf diese zum Teil schlicht falschen Aussagen und Argumente eingehen – dies werden wir von UWE noch einmal gesondert an anderer Stelle detailliert tun.

Es gibt jedoch einen Punkt, der bei mir persönlich dieses absolute Unverständnis und die gewisse Wut im Bauch hervorgerufen hat: Da dieses Thema nunmehr seit Jahren diskutiert wird und man in all diesen Jahren ganz einfach auf keinen gemeinsamen Nenner gekommen ist, setzten wir von UWE uns final dafür ein, dass nun die Bürger das letzte Wort haben sollten. Dass die CDU im Vorfeld u.a. die Behauptung aufgestellt hatte, dass die Bürger keinen Ruhewald wollen, entbehrt jeglicher Grundlage. Deshalb sahen wir von UWE in der angestrebten Bürgerbefragung die einzige Möglichkeit, realistisch herauszufinden, was denn unsere Bürger nun wirklich wollen.

Diese Auffassung vertraten dann auch tatsächlich alle Fraktionen der Gemeindevertretung, so dass diese dann bei der namentlichen Abstimmung auch einstimmig für eine Befragung der Bürger stimmten, und es war lediglich die CDU-Fraktion, die, und das wiederum ebenfalls einstimmig, dieses Vorhaben ablehnte.  Da hierfür aber vom Gesetzgeber eine 2/3 Mehrheit des Parlaments notwendig gewesen wäre, wurde mit diesem Abstimmungsergebnis die angestrebte Bürgerbefragung abgelehnt und somit dem Bürger sein Mitbestimmungsrecht entzogen. In meinen Augen ein absolutes „NO GO“!

Hier hätte ich mir persönlich einen respektvolleren Umgang mit dem Willen unserer Bürgerinnen und Bürger gewünscht, zumal – und so wird es sicherlich auch im anstehenden Kommunalkampf wieder der Fall sein – gerade die CDU für sich in Anspruch nimmt, eine bürgernahe und transparente Politik zu betreiben.

Unstrittig ist in diesem Zusammenhang das von den Kollegen ins Feld geführte Argument, dass politische Entscheidungen grundsätzlich von den Parlamentariern in der Gemeindevertretung zu treffen seien, da man ja schließlich vom Bürger dazu gewählt worden sei. Unstrittig ist aber auch, dass der Gesetzgeber bewusst das Recht auf eine Bürgerbefragung bzw. einen Bürgerentscheid eingeräumt hat, um in Ausnahmefällen die Entscheidungsfindung an den Bürger zu übertragen. Meiner Meinung nach ist gerade ein solch hochsensibles und hochemotionales Thema wie Sterben und Bestattung ein solcher Ausnahmefall, was mir auch gleichzeitig immer wieder in diversesten Gesprächen bestätigt wird.
Ein weiteres Argument, warum man sich gegen eine Bürgerbefragung ausgesprochen hat, sei die Tatsache, dass man dem Bürger nicht zumuten könne, ja die Fähigkeit abspreche, eine solche Entscheidung selbst zu treffen. Diese Aussage möchte ich an dieser Stelle nicht kommentieren, hierzu sollen sich die Leser ihre eigene Meinung bilden!

Ich sehe die o.g. Bürgernähe und die Transparenz politischen Handels mit dem Votum der CDU in dieser speziellen Situation mit Füßen getreten. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass diese Ablehnung einer Bürgerbefragung zu noch mehr Politikverdrossenheit in unserer Bevölkerung führt und gleichzeitig eine Steilvorlage für diejenigen ist, die immer wieder vehement behaupten, dass die Politiker doch sowieso nur das machen, was sie wollen und dabei die Wünsche und Forderungen der Bürgerinnen und Bürger außer Acht lassen.

Schade, dass es überhaupt zu dieser Situation gekommen ist und ich diesen Kommentar überhaupt schreiben musste. Gleichzeitig aber hoffe ich, dass mit dieser Stellungnahme zukünftig etwas mehr Empathie und Fingerspitzengefühl in die politische Arbeit einfließen wird.