Manchmal hat man das Gefühl, Gemeinden würden sich von einem geheimen Handbuch leiten lassen:
Kapitel 1: „Lass die Bürger nie zu glücklich werden.“
Kapitel 2: „Wenn Eigeninitiative droht, sofort Verkehrssicherungspflicht ausrufen.“
Fallbeispiel: Ein Bürger, nennen wir ihn Uwe K., Mitglied einer unabhängigen Wählergemeinschaft, findet im Wald eine verschollene Minigolfanlage. Jahrzehnte vom Laub verschluckt, von der Gemeinde vergessen. Der Mann fragt vorher brav beim Bürgermeister nach, ob er sie freilegen dürfe. Antwort: „Klar, mach mal.“
Monatelang ackert Uwe wie ein Archäologe. Indiana Jones hätte längst aufgegeben, der Bauhof sowieso. Sieben Bahnen am Waldrand erwachen zu neuem Leben. Es folgt ein großes Event – Motto „Jäger des verlorenen Schatzes“. Tolle Stimmung, lachende Kinder, glückliche Bürger. Und irgendwo in der Verwaltung klingelt leise eine Alarmglocke: „Achtung! Spaß in der Gemeinde! Stoppen! Stoppen!“
Und so kommt die Verkehrssicherungspflicht ins Spiel – ein deutscher Verwaltungsjoker, der jedes Vorhaben zuverlässig in Beton gießt. Plötzlich gilt die Anlage als lebensgefährliche Todeszone. Tödliche Äste lauern in den Baumkronen, der Untergrund ist eine Katastrophe, und wer weiß, ob nicht unter Bahn drei ein spontanes Erdbeben droht. Lösung: regelmäßiges Absichern durch einen externen Anbieter für ein paar Tausender jährlich – oder ein Schild: „Betreten verboten“.
Vorher, als dort noch Gestrüpp und Wildwuchs regierten, durfte jeder hinein – offenbar fielen Äste damals noch nach oben. Erst frisch freigelegte Bahnen scheinen sie magisch in Richtung Erdanziehung zu ziehen.
Ein Schild „Auf eigene Gefahr“? – Lächerlich! Schließlich bestehe hier „besonderes Bürgerinteresse“. Übersetzt: Wenn’s den Leuten gefällt, ist es besonders gefährlich.
Als Uwe damals um Erlaubnis bat, hat niemand etwas davon erwähnt. Aber klar: Erst mal die Arbeit machen lassen – und wenn’s fertig ist, mit der ganz großen Verwaltungskeule draufhauen. Im Handbuch heißt das „strategische Bürgerbeteiligung“.
Fazit: Der Schatz ist geborgen, aber unter einem Berg aus Paragrafen, Sitzungsprotokollen und politischem Gezänk wieder vergraben. Die größte Gefahr im Wald ist nicht der Ast über Bahn fünf – sondern der Amtsschimmel, der seit Wochen davorsteht und wiehert. Vielleicht sollte man ihn einfach ins Spiel integrieren. Neues Hindernis: Bürokratie.
Schwierigkeitsgrad: unendlich.
Frank Noll